Nach einem schönen und anregenden, aber auch vollgepfropften und entsprechend anstrengenden Quartal beginnen nun die Ferien - Zeit für all das, was in den letzten paar Wochen auf der Strecke blieb.
Auf der Strecke ist auch tatsächlich die Zeit, in der sich meine Gedanken frei entfalten können: Zwischen Bern und Thun auf dem Heimweg, zum Beispiel. Die Autobahn rauscht an mir vorbei, das Radio quasselt, ich merke, dass ich es lauter stellen muss, denke, dass ich langsam das Eine oder Andere an mir etwas freundlicher, nachsichtiger oder auch intensiver behandeln muss, zum Beispiel endlich mal mein Gehör prüfen lassen sollte, freue mich auf eine längst fällige Massage für meinen verspannten Rücken und merke, dass einiges brach liegt.
Brachland, geht mir durch den Kopf. Die alten Alemannen kannten sie noch, die Dreifelderwirtschaft. Auf einer Scholle wurde intensiv angebaut und geerntet, auf der zweiten das Vieh geweidet, die dritte lag brach. Reihum wurden die Felder so gedüngt und konnten sich erholen, bevor sie wieder für eine Fruchtfolge Nahrung bieten mussten. Wieder eine Dreieinigkeit. Denken, Handeln, Fühlen. Lässt sich da eine Gemeinsamkeit herstellen? Die Bestellung der Felder - eggen, säen, ernten - ordne ich spontan der Handlungskompetenz zu. Demzufolge müsste das Weiden der Kühe im Beziehungsbereich (Fühlen) liegen - das leuchtet ein, ist es doch ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Aber wie hängt das Brachland mit dem Denken zusammen? Welche Erkenntniskompetenz erlange ich durchs Nichtstun?
Da kommt mir die Behandlung bei der Nachbarin in den Sinn, die ich mir kürzlich gegönnt habe. Massage mit energetischen Elementen. Ich wurde mir plötzlich bewusst, dass ich paradoxerweise jede Menge Energie in die Kontrolle darüber investierte, dass ich mich entspannte. Mir dessen einmal bewusst, wurde mir klar, dass dies ja gar nicht funktionieren KANN! Und während ich darüber nachsann, begann ich Begriffe zu schieben, Sätze zu verschachteln und ertappte mich beim Dichten. Und siehe da - darüber hatte ich meine Kontrolle vergessen und lag ganz weich und entspannt.
Kann ein brachliegender Boden aus seinen Erkenntnissen Kraft schöpfen? Ordnet er seine Elemente neu oder lässt dies die Maulwürfe, Feldmäuse und Regenwürmer tun? Die Bakterien auch. Durch Entspannung und Nichtstun. Ein äusserst kreativer Vorgang. Brachliegendes Land. So wie meine Gedichte und Geschichten. Nur wenn ich NICHTS tue, können sie entstehen, zarte Würzelchen spinnen und sich aufs Wachsen vorbereiten. Ich muss dafür sorgen, dass ich genügend Brache habe. Zeit zwischen den Fruchtwechseln, Ruhe, um den Dünger zu verdauen und verarbeiten, sonst verbrennt er die jungen Triebe gleich wieder. Gut Ding will Weile haben, sagte man früher. Es macht nichts, wenn gewisse Ideen brach liegen - sie reifen und sammeln sich, um irgendwann mit neuer Kraft aus dem ausgeruhten Boden aufzuspriessen und sich zu entfalten.
Ich freue mich also nach dem frischen Dünger einer lebhaften Herde Kinder auf drei Wochen Brachland und werde versuchen, dem Wachsen des Winterweizens nicht künstlich Vorschub zu leisten. Die Blätter werden auch so schön bunt und leuchtend!
Du hast es wunderbar beschrieben.
AntwortenLöschenDie Schaffenspausen sind kreativ-lebensnotwendig!
Ich war 2007 3 Monate in Siam - ausgepowert, einfach nur "leck mich..."
nach 1,5 Monaten Nichtstun außer Moppedfahren, Sonne, Relaxen, Riechen, Schmecken, Sehen, Fotografieren, Lächeln... kam der Ausbruch - und es entstanden >90 Bilder (als grafische Entwürfe)nebst einem halben Kinderbuch (Fisch, Huhn und Strichmännchen)- ich muss also nochmal 3 Monate hin...
Eine Auswahl der Ideen kannst Du auf meiner Hp sehen (Galerie)http://www.omamo-creativ.de, wenn Du Lust hast.
Nimm Deine Auszeiten, und mache Dir keine Vorwürfe.
Kreativität, wenn sie frei (neben den täglichen Pflichten) gelebt wird, braucht ihre vielen Phasen und keinen Terminkalender.
Der ist nötig, wenn man davon leben muss.
Liebe Grüße und ein dickes Bussi
mo
Danke! Ich bin von deinen kreativen Strichmännchenergüssen echt überwältigt!
AntwortenLöschenHerzliche Grüsse
Dodo
Hallo Dodo, Du hast Deine Erkenntnisse sehr schön beschrieben. Nichts ist eben nicht Nichts, sondern "in Ruhe den Dingen ihren Lauf lassen".
AntwortenLöschenIch wünsche Dir eine schöne Ferienzeit!
Danke, liebe Xammi!
AntwortenLöschenSo verstehst du also auch, wenn es hier zuweilen etwas lange dauert, bis eure Kommentare erscheinen und beantwortet werden... und das, obwohl ich Ferien habe. Nun, auch das Brachland muiss eben mal bearbeitet werden. Das nächste Quartal dauert lang und muss gut vorbereitet sein - nicht nur für den Unterricht!
Liebe Grüsse
Dodo