Dienstag, 9. Februar 2021

Wovor habt ihr am meisten Angst?

Diese Frage stellte heute meine Tochter Nathalie.

Die anschliessende Diskussion im kleinen Familienchat will ich hier nicht wiedergeben. Aber ich möchte mir ein bisschen mehr Raum nehmen, um meine eigenen Gedanken dazu auszubreiten. 

Angst ist ja kein Gefühl, sondern eine Konstruktion. Es ist das Unbehagen, das man empfindet, wenn man nicht weiss, was auf einen zukommt. Gut, dies kann auch ein angenehmes Kribbeln hervorrufen, Spannung erzeugen, nervös machen, Druck aufbauen, etc. Wenn man sich aber das grösstmögliche Unglück vor Augen hält, dann baut sich eine Angst auf, die einen leicht blockieren und unter sich begraben kann.

Die obenstehende Frage impliziert ja, dass man heute Angst haben muss. Unter diesem Blickwinkel erscheint "Mit Grundvertrauen durch die Krise zu gehen" schon fast suspekt, klingt "Es wird schon nicht so schlimm kommen" allenfalls naiv und bekommt "Ich geniesse, was es zu geniessen gibt" den Anstrich von bewusster Blindheit.

Aber sehen wir doch mal genau hin: Auch vor Corona konnte man an allem Möglichen erkranken und sterben. Unfälle können jederzeit geschehen. Einen geliebten Menschen kann man auch jederzeit verlieren. Auch dass Unternehmen aus verschiedenen Gründen bankrott gehen, ist normal. Aber keiner machte sich allzugrosse Sorgen. Vorsorgen, absichern, versichern, ja, das macht man so. Immer in der Annahme, dass man dafür eigentlich viel zu viel Geld ausgibt, weil es einen ja sowieso nie treffen wird.

Nun haben wir aber eine Häufung solcher Wahrscheinlichkeiten. Es trifft Leute, die wirklich nicht damit rechnen konnten. Und es braucht sichtbare, spürbare und für viele Menschen auch schmerzhafte Einschränkungen des täglichen Lebens, um diese Krise in den Griff zu bekommen und das Virus zu "entschärfen". Da kann einen schon mal die Angst vor diesem oder jenem Horrorszenarium packen.

Die Geschichte zeigt aber auch - ja, wenn man sie studiert hätte, wäre das Virus wohl auch hier schon besiegt - dass nach der Krise meist ein Aufschwung kommt ...

Was ich befürchte - und dies ist eher eine Beobachtung, ebenfalls geschichtlich "normal" und daher keine Angst - ist, dass sich viele Menschen nicht zu helfen wissen, sich zurückziehen und auf diese Weise krank werden oder im Gegenteil sinnloserweise ausbrechen, auf den Putz hauen oder gar durchdrehen. Wer vorher schon ein bisschen ein Spinner war, könnte nun tatsächlich gefährlich werden und so zusätzlich Menschenleben gefährden. In den sozialen Netzwerken rotten sich Gleichgesinnte zusammen und bilden ihre Denkblasen. Kooperation ist was Tolles und kann sehr stärkend sein. Wenn dies aber geschieht unter Menschen, die sich eine Parallelwelt aufbauen und dann den Ausgang nicht mehr finden, dann wird es so richtig gefährlich. Das ist es, was mir am meisten Sorgen bereitet.

Darum ist es so wichtig, diese Frage zu stellen, seine eigenen Ängste enrst zu nehmen und zu diskutieren.

Auch eine Befürchtung ist - aber hier bewegen wir uns wieder im Luxusbereich - dass die jetzt zutage kommenden notwendigen Veränderungen des Systems (Schule, Bildung für mich in erster Linie, aber auch Politik, Umweltschutz, Wirtschaft, WElthandel etc.) weiterhin von den Lobbys zurückgedrückt wrden, wo immer sie aufkeimen wollen und so keine fruchtbare und wertschöpfende Diskussion und Veränderung zustande kommt, sondern sobald es wieder möglich wird, alle einfach schnell wieder ins alte Fahrwasser zurückspringen und so weitermachen wollen, wie sie es gewohnt waren.

Und genau das wird nicht gehen. Nichts wird mehr gehen wie vorher.

Auch wenn das ein bisschen weh tut. Angst macht es mir nicht.

Das gibt Platz für Neues ... und wer diese Chance konstruktiv zu nutzen weiss, hat nichts zu befürchten.

Na ja, ausser, dass es halt trotz aller Vorsicht und Umsicht und Einhaltung von allen Sicherheitsmassnahmen irgendwie doch zuschlägt, das fiese Virus. Aber ich hoffe und vertraue darauf, dass bis dahin alle Möglichkeiten entwickelt sind, um wieder ganz gesund zu werden. 

Angst war noch nie ein guter Berater. Und man macht sie sich selbst. Oder lässt es sein und ist lieber ein bisschen naiv und geniesst mit Grundvertrauen all die schönen Dinge und Möglichkeiten, die uns bleiben oder sich jetzt erst richtig auftun!

Sonntag, 3. Januar 2021

Glaube, Liebe, Hoffnung

Ja, ja, ich weiss. Diese Trilogie ist dem christlichen Glauben entnommen - aber nicht vorbehalten. Und  mein Ansatz zu diesen drei Begriffen ist hier und heute ja auch ein ganz anderer. Also lies einfach mal weiter ...

Glaube versetzt Berge

Nun ja, wer glaubt - egal was - ist der felsenfesten Überzeugung, dass das, was er/sie glaubt, eben genau so ist und nicht anders. Und das Gemeine an der Sache mit dem Glauben ist auch, dass jeder Zweifel daran eine Suche nach Bestätigung nach sich zieht, die natürlich auch von Erfolg gekrönt ist und somit den bestehenden Glauben noch weiter verfestigt und schliesslich zementiert.

Wenn ich also glaube, etwas ist so, wie ich es vermute, dann werde ich auch jede Menge Beweise finden, das dies so ist. Und umgekehrt: Wenn ich vermute, dass etwas nicht so ist, wie es scheint, dann werde ich auch jede Menge Beweise finden dass auch dies so ist! Was also kann ich tun?

Ganz einfach: Ich kann davon ausgehen, dass ich es nicht weiss, nicht wissen muss und auch nicht wissen kann! Auch das ist ein Glaube, aber er schützt wenigstens vor Irrglauben.

Am Anfang war die Liebe

Schwierig wird die Sache vor allem dann, wenn ein Glaubenskrieg ausbricht zwischen Menschen, die sich eigentlich so richtig gerne haben. Plötzlich geht es nicht mehr nur um die Sache, die man glaubt, glauben will oder eben auch nicht glauben will, sondern es geht zusätzlich noch um die eigene Akzeptanz, um die Zuneigung, die Erwartungshaltung den geliebten Menschen gegenüber und um die ganz grossen und tiefen Emotionen. So kann aus einer Meinungsverschiedenheit, die auf beiden Seiten in die entgegengesetzte Richtung untermauert wird, schnell mal ein festgefahrenes Konstrukt werden bis hin zu einem veritablen Krieg und schliesslich dem Abbruch der Beziehung. 

Je mehr Liebe und Zuneigung nämlich vorhanden ist, desto grösser ist die Verletzung, die man sich gegenseitig zufügt, wenn man sich widerspricht. Und wenn diese beiden Dinge nicht getrennt werden können, dann kann die starke Emotion von Liebe in Hass umkippen. Die Filmindustrie lebt von solchen Geschichten und die Schlagzeilen sind voll von Folgen dieses einfachen Mechanismus'. 

Immer dann, wenn es gelingt, das Eine vom Anderen zu trennen - also sich einzugestehen, dass man eine andere Meinung hat, diese aber nichts mit der PERSON des Gegenübers zu tun hat und auch nichts mit den Gefühlen, welche die beiden Personen für einander empfinden - dann ist eine sachliche Diskussion möglich. Oder aber auch eine tiefe Akzeptanz, ohne sich selbst für die gegenseitige Beziehung verbiegen oder den/die andere/n für seine Meinung verurteilen zu müssen. 

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Dummerweise beeinhaltet Liebe aber auch, dass man für die geliebte Person nur das Beste wünscht und möchte und sich da auch verantwortlich fühlt. Man kann ja nicht zusehen, wie jemand ins Verderben stürzt. Also ist man geneigt, sein eigenes Wissen, seine Erkenntnisse und Erfahrungen, die man als gut und hilfreich erlebt hat, den anderen Menschen mitgeben, unterjubeln oder zuweilen auch aufdrängen zu wollen. Diese finden das lästig, was wiederum verletzend wirkt, wenn man merkt, dass der gute Wille, die gute Absicht nicht als solche erkannt und der gutgemeinte Rat abgewimmelt wird. Und weiter geht es dann mit Punkt eins und zwei der Trilogie.

Was hilft?
Loslassen! Die Verantwortung abgeben! Vertrauen und Zutrauen, dass jeder seinen Weg gehen, seine Erfahrungen machen und seine Gefühle leben kann, darf und muss.
Und natürlich braucht man als liebende, wirklich liebende Person, Partner/in, Elternteil, Kind, Geschwister, Verwandte, Lehrperson und alle anderen, die nicht einfach sagen können: "Schade, aber ich ziehe mich da raus", eine grosse Geduld, um dieses Spannungsfeld auch aushalten zu können. Man kann hoffen, aber niemals erzwingen, dass jemand sein Glück dort findet, wo es von aussen (also aus der eigenen Sicht des Betrachters) zu sein scheint.

Manchmal ist sogar auch ein Bruch das einzig Richtige. Eine Beziehung, die nur aus Abhängigkeit besteht, wo die eine Person die andere "braucht", manipuliert, ausnimmt, sich bedient, da ist Hoffnung der falsche Weg. Wer nicht lernt, seine eigenen Schritte zu gehen, sondern die anderen dazu benutzt, um selber vorwärts zu kommen, dem ist nicht gedient, wenn man sich selbst aufgibt, um diesen Mechanismus aufrechtzuerhalten um der Liebe willen. Das Ding nennt sich dann Co-Abhängigkeit.
Im Gegenteil: Liebe heisst, Vertrauen, Zutrauen, loslassen, da sein. Und und auf der anderen Seite: dankbar sein, verlässlich und wissend, dass da jemand ist, der/die helfen würde, wenn es denn wirklich nötig wäre. Und zwar so, wie es sinnvoll und machbar ist für diese liebende Person. Diese Hoffnung stirbt nicht. Diese Hoffnung ist mit Vertrauen und Anerkennung, Akzeptanz und Liebe verbunden. 

Glaube, liebe, hoffe ...

Wisse, dass du nicht weisst, und vermute mit der grösstmöglichen Offenheit, das es auch ganz anders sein könnte. Liebe mit Zutrauen und Akzeptanz der verschiedenen Meinungen. Hoffe im Vertrauen, dass dein Gegenüber seinen Weg in sich selbst bereits kennt, auch wenn es nicht der ist, den du dir vorgestellt hast.

Und wenn du dich nun fragst, warum ich das alles aufgeschrieben habe ... nun, du kannst es eigentlich auf jede erdenkliche Situation umlegen, die mit Glauben, mit Liebe und mit Hoffnung zu tun hat. Davon gibt es zur Zeit ja bestimmt genug.

Vielleicht ist das alles aber auch gar nicht wahr und entspringt nur meinem Glauben ... ;-)



Samstag, 2. Januar 2021

Jahreswechsel

  

Es war dieses Jahr nicht einfach, eine Neujahrskarte zu basteln. Ich war zu wenig in Feierlaune, zu wenig in der Lage, in eine "nun wird endlich alles bessser"-Stimmung zu kommen. Und überhaupt, dachte ich, was feiern wir denn da eigentlich? Es ist doch eine völlig willkürlich angesetzte Stelle im ewigen Kreislauf um die Sonne. Die Wintersonnwende, kurz vor Weihnachten, ja, das kann ich gut nachvollziehen. Von da an wird es wieder heller. Darum auch die diversen Lichtfeste im Winter, von denen das römische schlauerweise damals christlich umgedeutet wurde. Aber Neujahr nach dem Dezember, was doch der 10. Monat heisst, hat irgendwie keine Bedeutung. 
Und in der aktuellen Situation mit diesem Virus, das uns alle in Atem hält (auch so ein sprachlicher Widersinn) geht es doch einfach weiter! Nein, wahrscheinlich dürfen wir sogar noch die Folgen der feiertäglichen Unvernunft ausbaden. Wenn der bundesrätliche Blindflug beendet ist, werden wir es sehen. Aktuell findet man nur Zahlen und Daten bis zum 30. Dezember!

Aber gut. Auch ich habe mich schliesslich von der Aufbruchsstimmung etwas anstecken lassen und mir vorgenommen, wieder dem Licht zu folgen und nicht mehr der Dunkelheit. Ich werde mich Schritt für Schritt vorwärtstasten, die Dinge, von denen ich bisher nur träumte, auch anpacken und nicht aufgeben, bis ich merke, dass ich wieder aktiv und in Bewegung bin. Vielleicht lassen dann auch meine Rückenschmerzen wieder nach. Schritt eins war gestern, dass ich den Kasten vor der Tür endlich wieder mit Infos zur HEB-Ausbildung und zu meinen Kursangeboten bestückt habe. Zudem habe ich die Website www.anders-weiter.ch auf den neusten Stand gebracht. Und ich freue mich einfach darauf, in dieser Richtung wieder tätig sein zu können mit dem Kurs, den wir im Emmental halten werden!
Ja, Sandra, die gute Seele, die mich seit ihrer Ausbildung zum HEB-Coach so freudig und eifrig begleitet! Danke, dass du da bist! 

"Danke!" ist auch das letzte Wort in meinem Neujahrsübergangstextchen. Es gibt so vieles, wofür ich dankbar bin! Dass es Rolf immer noch gut geht, dass meine drei Mädels so glücklich liiert sind und sich so tapfer und gut im Leben eingerichtet haben, nie den Mut verlieren Geschwister alle noch da sind, mit ihren Partnern(-in) sich auch einrichten und schützen und dennoch überall wieder Schönes entdecken und geniessen, dass wir hier den Umbau gewagt haben und uns eine schöne Rückzugs- und Wohlfühloase geschaffen haben (die noch fertig einzurichten ist, aber das schaffen wir auch noch) und dass ich in meiner schwierigen Schulsituation mit einem zu grossen Haufen verunsicherter und undisziplinierter Kinder so viel Unterstützung und guten Willen der Eltern erfahren konnte. 

Das alles macht mich zuversichtlich. Die Ruhetage haben mir Kraft gegeben. Ich konnte mir Zeit nehmen, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Und ich werde nächste Woche in Ruhe das weitere Vorgehen planen und durchdenken können. Glücklicherweise haben wir ja im Kanton Bern noch eine reguläre Ferienwoche!
 
Gut, es gibt auch im 2021 noch einiges zu tun, aufzuräumen und auszumisten, aufzufrischen und zu bereinigen. Aber dazu ist ja nun auch genug Zeit vorhanden, bis man sich wieder treffen und besuchen kann. Also packen wir's an! 

Es guets Nöis!
 

Sonntag, 27. Dezember 2020

Rauhe Nächte 2020

Nun sind sie also da, die Rauhnächte dieses rauhesten aller Jahre, die ich erlebt habe. Zeit zur Rückschau, zum Ausmisten und Loswerden, damit das neue Jahr unbeschwert kommen kann. Das Jahr 1 nach Covid19. Oder das Jahr 2 mit Corona?

Also kommen wird es so oder so. Wir werden damit leben - wenn wir können. Aber schliesslich gibt es noch andere Kriterien, die mithelfen, aus dem kommenden Jahr ein gutes Jahr zu machen. Und diese Kriterien liegen im Wesentlichen darin, WAS wir machen aus dem, was soweiso kommt!

Was also will ich hinter mir lassen, weil ich es nicht mehr brauche, es mich vielleicht sogar beschwert oder hindert? Und was will ich stattdessen mitnehmen, weil es mich beflügelt und ermutigt oder eben neu aufbauen und erfinden?

Diesen Blog, den ich endlich wieder reaktivieren konnte (Ich hatte die zugehörige Mailadresse gelöscht - man muss also gut aufpassen, WAS man hinter sich lässt!), werde ich auf jeden Fall wieder als Inspiration mitnehmen. Schreiben gehört zu mir und ich habe es allzulange sträflich vernachlässigt.

Dann wartet da oben, in unserer Grossbaustelle des Jahres 2020, noch ganz viel auf Fertigstellung. Immerhin war es eine gute Idee, das Haus einer teilweisen Renovation zu unterziehen, während man ja sonst kaum was unternehmen konnte - auch wenn wir dadurch lange in Schutt und Staub hausen mussten. Auch mal eine Erfahrung - es kann nur noch besser kommen. Und das Beste daran: Wir haben es selbst in der Hand, dies auch zu erreichen.

Unsere Gesundheit - jetzt mal abseits der Covid-Ängste - braucht auch eine Kursänderung. Wir beide sind zu gut genährten und wenig bewegten Mittfünfzigern geworden. Im knackigen Alter, wie man so schön sagt. Aber eben, schön ist das nicht, wenn's überall schmerzt und zwackt. Da möchten wir beide schon was tun dagegen. Rolf schielt auf die Fitnesscenter, die ja noch geschlossen sind. Ich denke eher an Pilates oder Yoga und will auch versuchen, mich da wieder selbst zu aktivieren. Etwas Platz, Musik, eine fest reservierte Zeit - das müsste doch zu organisieren sein ...

Musik, ja, auch so ein Stichwort. Dafür will ich unbedingt wieder mehr Zeit reservieren oder auch einfach öfter kurz ans Klavier oder die Gitarre sitzen - oder die Flöte, vielleicht gar das Saxophon, obwohl ich mit dem Ding nicht so recht klarkomme. Jedenfalls 1x täglich mindestens 10 Minuten musizieren - das klingt doch machbar und attraktiv.

Aber die Frage war ja, was lasse ich zurück?
Auf jeden Fall möchte ich mich von einigen Glaubenssätzen und Erwartungshaltungen verabschieden, die mich im Schulalltag ziemlich aus der Bahn geworfen haben, weil sie im Coronazeitalter nicht mehr voraussetzbar sind. Wenn ich zu meinem Selbstbild als gute Lehrerin zurückfinden will, dann muss ich da einiges ändern. Die Kinder sind die Symptomträger dieser verrückten Zeit. Nichts funktioniert mehr wie vorher. Also zurück auf Start und neues Spiel. Dieses denke ich dann in der ersten Januarwoche durch.

Und ebenfalls zurücklassen möchte ich meine Schneckenhaustaktik. Diese war notwendig und richtig, um mich vor all den neuen Schreckensbotschaften zu schützen. Aber sie ist nicht förderlich, wenn es darum geht, neue Wege zu beschreiten, sprich: "anders weiter" zu gehen. Dazu muss ich schon mal rauskommen. Nicht gleich "tadaaa", aber doch immer wieder deutlich: Ich bin da! Ich schreibe, also bin ich. Ich bin, also schreibe, rede, wirke ich. Und ich glaube endlich mal das, was andere mir zurückmelden: Ich mache es gut! Ich werde auch die Kurse gut machen, die die liebe Sandra für uns beide gebucht hat. Es macht so grossen Spass, diese vorzubereiten! Und es zeigt mir, dass ich mit HEB da was habe, was wirkt! Indem ich mir überlege, wie ich es anderen Menschen erklären und nahebringen kann, wirkt es auch gleichzeitig bei mir, holt mich heraus aus der 2020-Lethargie und zeigt mir meine eigenen Chancen auf. 

Ich habe mir auch versprochen, mich im April zu entscheiden, wie ich weitergehen will. Ob ich auch den Lehrerinnenberuf als Hauptstandbein hinter mir lassen will, um endlich Zeit für andere Dinge zu haben. Oder ob ich die anderen Dinge nach und nach abgebe und mich endlich voll und ganz auf die Schule und ihre Erneuerung konzentriere und mich dort verstärkt einsetze. Beides ist mir einfach zu viel und bremst sich ständig gegenseitig aus. 

Nun, ich wollte eigentlich nur ein paar Gedanken festhalten zu den Rauhnächten, der Zeit des Loslassens und Vorbereitung auf die Erneuerung ... Vielleicht fange ich einfach mit der immer noch leeren Mulde vor dem Haus an. Mit dem Entsorgen von handfestem Gerümpel, das mir den Weg zu meiner Musikecke versperrt.

Morgen geht's los! Ich freue mich!!!




Montag, 2. November 2020

Endlich! Ich habe mich wiedergefunden!

Endlich! Ich schreibe wieder - das Leben geht weiter!

Heute habe ich es endlich fertiggebracht, a) meinen Blog wieder zu finden, b) meine infolge Namensänderung gelöschte Mailadresse wieder zu aktivieren und mir so Zugang zu meinem Bloggerkonto zu verschaffen - und sehe zu meinem grossen Erstaunen, dass ich c) ziemlich genau vor 4 Jahren mich mit ähnlichen Gedanken rumgeschlagen hatte, wie heute - wieder? Immer noch? Nun ja, um einiges heftiger waren sie damals schon! Und dies aus gutem Grund, wie ich heute weiss. Immerhin hatte ich danach den Sprung, den Absprung aus dieser Mobbingsituation geschafft und hier neuen und guten Boden gefunden.

Kurz - ich bin wieder da! Und den Entwurf von kurz vor meinem Fünfzigsten habe ich auch gleich veröffentlicht mit Originaldatum. Ich lebe also trotz langer Schreibpause noch - und habe fest im Sinn, mich hier wieder aufzurappeln und dranzubleiben! Juhuuuu!

 

nachdenklich

Folgenden Post habe ich hier gefunden, geschrieben im November 2016, hängend im leeren Raum, so, wie ich mich damals fühlte ...  Spannend!

Nach langer Zeit habe ich plötzlich wiedermal das Bedürfnis meine Gedanken in die Tasten fliessen zu lassen. Tagebucheintrag. Lese es, wer will.
Es ist ein wunderschöner Oktobertag Anfang November, so richtig zum Geniessen. Nach einem grossartigen Kleinauftritt in der letzten originalen Quartierbeiz Solothurns mit meiner auseinanderbrechenden, vielleicht aber nach diesem tollen Abend nun doch nur pasuierenden Band bin ich nun einigermassen ausgeschlafen, habe mein letzte Woche erreichtes knappes Kilo Abnehmziel mit einem extrem leckeren Stück Tarte Citron aus der Hausbäckerei meines Göttergatten etwas relativiert und werde mich gleich an eine Arbeit machen, die mich sehr freut. Es müsste mir also wunderbar gehen.
Aber gleichzeitig schwingt all das mit, was sich in den letzten Wochen, Monaten und Jahren angesammelt hat an Pendenzen, Folgen und schlechtem Gewissen aus Aufgeschobenem oder Vergessenem, Druck und Stress durch eigene oder fremde Erwartungshaltungen und Verschleisserscheinungen - seelisch und körperlich. Ich bin müde. Und dies eigentlich immer. Ich habe Schmerzen. Und dies mittlerweile fast konstant. Ich sehe, höre und fühle Alarmzeichen, erkenne sie, versuche zu reagieren, aber die Termine, die ich organisieren will, beim Arzt, beim Masseur, die kommen nicht an. Keine Reaktion via Mail oder Telefon. Auch die Gynäkologin hat nicht reagiert auf meine Anfrage (ich müsste sie halt mal wiederholen). Ich komme mir vor wie auf einem Laufband, das so alt ist, dass es schon lange quietscht und wackelt und immer langsamer läuft, und ich laufe darauf weiter und frage mich, ob es wohl zuerst einfach ganz stehen bleiben wird oder doch noch irgendwann durch die Reibung Feuer fängt und in Flammen aufgeht.
Angezogene Handbremse.
Wo in mir?
Wer hat sie angezogen bzw. wer könnte sie lösen?
Klar ich selbst. Aber wie? Womit? Wann? In welcher Form?

Jeder Rückzug vom Tagesgeschehen löst einen anschliessenden erhöhten Einsatz zum Aufholen der aufgeschobenen Arbeit aus. Jede Arbeit, die ich früh genug ausführen will, um mich nachher erholen zu können, füllt entweder die ganze zur Verfügung stehende Zeit aus, ohne den versprochenen Freiraum noch zu gewähren, oder ich trödle so lange herum mit Anfangen, dass ich am Schluss unerholt doch noch stressen muss.
Jeder erzielte Erfolg hat irgendwo einen Haken - mache ich etwas besonders gut, stecke ich damit die Erwartungshaltung wieder noch höher und will/muss danach so weiterfahren und entsprechenden Einsatz weiterhin leisten.
Irgendwo in mir sitzt ein Antreiber. Einer, der mir einflüstert: Die dürfen nicht merken, dass du das gar nicht kannst.
Perfide, so ein Satz! Er sagt mir gleichzeitig, dass ich es nicht kann und dass ich so tun muss, als ob ich es könne. Professionell sein. Gut genug. Wenn mich etwas interessiert und ich überzeugt bin davon, setze ich mich sofort auch unter den Zwang, es propagieren, umsetzen und verteidigen zu müssen. Und da ich loyal bin, muss ich dies so tun, dass es für alle stimmt und in alle Systeme passt, denen ich angehöre. Die Schule, das Coaching, die Familie, die Partnerschaft, der Freundeskreis, zu allen will ich passen, mich einfügen - aber auch was Besonderes sein und herausragen.
.... Ja, ich kenne das von früher. Ganz klar, meine Kindheit. Ich muss hier nicht weiter darauf eingehen, aber ja, es ist dieses Chamäleonleben zwischen Wohnort Schloss und Vorstadtkameraden. Und heute? Gegensätze zuhauf, die ich miteinander zu vereinen versuche. Noch immer mache ich den Spagat von A nach B (Ich habe diese Nacht von Schaukelringen geträumt, zwar nicht mit Spagat, aber in der Turnhalle mit Schülerinnen, denen ich natürlich kein bisschen gerecht wurde und ihnen nichts beibringen konnte, weil alles nicht geklappt hat, wie ich wollte und ich überhaupt ja gar nicht vorbereitet war ... Was sagt mir das?) und meine, mein Körper halte das aus. Aber mein Körper, meine Seele, mein ganzes Ich wird fünfzig in wenigen Monaten. Es wäre wohl an der Zeit, mich mal erholen zu dürfen, meinen selbstgemachten Stress mal aufzuräumen und das zweite halbe Jahrhundert in einer gemässigteren Gangart, mit etwas kleineren Spannweiten und vor allem in mir selbst einig und klar voranzugehen.
Ich möchte mich mal wieder richtig um Freunde und Familie kümmern können, das Haus und den Garten pflegen statt verkümmern zu lassen, wieder meine eigenen Vorlieben ausleben statt das, was ich meine mir auferlegen zu müssen, und mich mal wieder aktiv kreativ erleben statt irgendwelche Pendenzen abarbeitend...
... ich sehe aber an diesem schönen warmen Herbsttag nur Berge von altem Laub und habe das Bedürfnis mich darunter zu verkriechen und den Winterschlaf anzutreten. Vielleicht bringt der Schnee etwas Ruhe - wenn er denn kommt.

Sonntag, 26. Juli 2015

Konstruktivismus

Das ist ein Wort, das mir immer mal wieder durch den Kopf geht, aber wohl noch nie so häufig wie heute.
Zuerst einmal zur Erinnerung oder für die, welche sich noch nie so richtig damit auseinandergesetzt haben: Der Konstruktivismus geht davon aus, dass wir alle uns unsere Welt zusammenbauen aus dem, was wir wahrnehmen und wie wir es deuten. Das leuchtet ein, wenn man weiss, dass die Informationen, die in unser Hirn gelangen, alle durch einen der Sinneskanäle müssen, bevor sie überhaupt in der Schaltzentrale ankommen. Der direkteste Weg hierbei ist noch der durch das Auge, weil der Sehnerv gradewegs ins Hirn mündet, allerdings auch nicht ohne das Bild auf der Netzhaut zuerst umdrehen zu müssen, damit es "stimmt". Die Schallwellen übersetzen das Trommelfell und die dahinterliegenden Hammer und Amboss in elektronische Signale wie früher die Membrane im Telefonhörer, und wie die Empfindungen von Haut und Duft- sowie Geschmacksknospen ebenfalls zuerst in solche verwandelt werden müssen um durch die Nerven ins Hirn geleitet zu werden, kann man sich am besten vorstellen mit einem Touch-Screen.
Kurz, unsere Wahrnehmung funktioniert etwa so genau wie das gute alte Telefonspiel, bei dem ein Satz, der auf der einen Seite einer Reihe von Personen eingeflüstert und dann weitergesagt wird, auf der andern Seite meist mit völlig anderm Inhalt herauskommt.
Hinzu kommt, dass im Hirn nur das andocken kann, was schon irgendwie vorhanden oder bekannt ist. Alles wird irgendwie in bestehende Schubfächer eingeordnet um verstaden zu werden. Fehlt eine Denkkategorie oder eine entsprechende Referenzerfahrung, kippt das Hirn die ankommenden Impulse einfach als irrelevant raus. Es kann also nur sein, was sein darf, bzw. erwartet wird. Und wie das im täglichen Leben aussehen kann, ja das ist mir eben heute so richtig in die immer gleiche Kerbe gehauen worden ... wohl weil diese spätestens ab dem dritten Erlebnis so richtig auf "Empfang" war.

"Dodo, kommst du mal kurz?" Mein Göttergatte streicht gerade unsere Laube zum Garten hin. Mediterrané, da sind wir uns einig. Unten wie eine Mauer, dafür hat er extra eine Schablone gesägt, die ich vorgezeichnet habe. Doch irgendwie klappte das nicht und so strich er erst mal alles in der helleren Grundfarbe. Oben sollte diese dann noch mit Terracotta abgerieben werden, während wir unten die Steinmauer erscheinen lassen wollten.
Nun steht er auf der Leiter und hat mit Terracotta die Mauersteine durch die Schablone gepinselt. "Sieht auch gut aus", sage ich. Wohl nicht sehr überzeugend, die Irritation ist spürbar. "Aber du sagtest doch ...", fragt er verunsichert. Nach einigem Hin und Her wird klar: Wir hatten vom Gleichen gesprochen, dem Füllen der Lücken mit der dunkleren Terracottafarbe, aber seine Lücken bestanden aus den ausgeschnittenen Steinen in der Schablone, während ich längst die Schablone aus meinen Gedanken gestrichen hatte und von Hand die Fugen zwischen den dadurch hell bleibenden Steinen füllen wollte! Steine, wohlgemerkt, die es gar nicht gibt, sondern die rein optisch als soche erscheinen sollen. Ein Glück nur, dass wir beide wissen, was Konstruktivismus ist und wie er einen in die Irre führen kann.
So kann ich es auch annehmen, dass ich heute mit dem Hund gehen muss. Da ich gestern schon war ging ich davon aus, dass er jetzt an der Reihe sei. Er aber war davon ausgegangen, dass ich gehe, weil er vorgestern "meine" Runde übernommen hatte... Ich mache mich also auf den Weg in den Regen. Vielleicht wäscht der meine Gedanken rein...

... denn eine andere Begebenheit beschäftigt mich nun schon den ganzen Tag mehr als ich für möglich gehalten hätte und ist auch der eigentliche Auslöser für diesen Artikel hier. Eine Facebook-Freundin hat sich zu einem aktuellen Gewaltverbrechen geäussert. Verständlich, dass sie sich Sorgen macht, wenn in ihrer Wohngegend eine Frau vom Rad gezerrt und überfallen wurde. Unverständlich für mich, dass daran unsere Bundesrätin Schuld sein soll! Wie das? Da fehlen einige Gedankenteile, die auf dem Weg vom Auge (Lesen des Artikels) bis ins Gehirn als Trittbrettfahrer angedockt haben und Teil der Botschaft wurden. Der Täter sprach gebrochen Deutsch - aha! Ein Ausländer! Ein Automatismus tritt in Kraft: Schon wieder einer von denen! Das ist praktisch, denn dann kann man jemandem die Schuld geben. Und wer bietet sich da am besten an? Die wären alle nicht hier, wenn die Regierung für Ordnung sorgen würde. Damit steht die Botschaft: Radfarerin überfallen - Bundesrätin (sowieso in der falschen Partei) ist Schuld. Ein herrliches Konstrukt, das mich noch fast amüsieren konnte. Nur leider bestätigte und verstärkte daraufhin ihr Liebster ihre Aussagen in einer Weise, die mich allzusehr an all die Kommentare erinnerte, gegen die ich gerade einen halben Tag lang mit meinerseits Gleichgesinnten so schön gewettert hatte. Es passte einfach zu gut. Ich konnte nicht schweigen. Es musste ein zynischer Spruch raus von wegen Beschützer und differenziertem Denken und Weitblick ... und gleichzeitig zog ich mich aus dieser Unterhaltung raus, indem ich den Freunde-Button deaktivierte. Das tat irgendwie gut, vor allem, weil ich daraufhin gerade zu lesen bekam: Man sollte viel öfter einen Mutausbruch haben.
Die Kommentare auf meinen konnte ich trotzdem lesen. Auf Angriff folgt Verteidigung. Oder Gegenangriff. Na gut, Recht haben sie, hätte ich auch so gemacht. Wahrscheinlich bin ich jetzt für ne Weile untendurch. Antworten kann ich aber nicht mehr, denn ich bin ja raus. Und schon dämmerte es mir: War das wirklich so mutig, mich einfach davonzuschleichen? Als Sahnehäubchen löschte ich auch noch meinen Kommentar. Jetzt schiessen sie ins Leere und wahrscheinlich erst recht.
Aber was mich viel mehr beelendet, ist, dass auch mein eigenes Konstrukt von wahrer Wirklichkeit wunderbar gegriffen und meine Reaktionen geleitet hat. Weil ich gerade dran war, mich über Rassisten, Dummbeutel und kollektive Verblödung aufzuregen und dabei auch noch so schönes Bild- und Textmaterial zugespielt bekam, das ich fleissig weiterteilte, schlug dieser Kommentar, der mich in keinster Weise betraf, in genau diese Kerbe. Und der mit Interpretationen gespickte Kurzschluss  geschah bei mir. Innerliches Kopfschütteln begleitete mich durch den ganzen Tag und Abend.

Und während ich so pudelnass mit Hundi auf dem Heimweg vom Spaziergang vor mich hingrüble und -tropfe, und mir gerade überlege, ob wohl auch der Einbruchversuch, den wir aufgrund des plötzlich klemmenden Türschlosses kombiniert mit Timmys Gebell in der Nacht als solchen der Polizei gemeldet hatten, ein solches Konstrukt sein könnte, kommt natürlich mal wieder genau dann der Bus! Dies ist Timmys Moment: Bus tut in den Ohren weh (wahrscheinlich der Stromgenerator der Trolleybusse), auch wenn dieser hier gerade nicht, weil ein Erdgasbus, aber egal: Bellen!!! Und meine Reaktion: Oh nein, das muss nicht sein! Schnell ausweichen auf die andere Strassenseite. Und Timmys Reaktion: Aha, alles klar, dachte ich's doch, der ist gefährlich! Also bellen, was das Zeug hält!!! So stehe ich mitten auf dem Wendeplatz mit einem Hund von mindestens 45 Kilo, der sich dem Bus entgegenwirft, sodass ich ihn kaum halten mag, fühle mich von ihm persönlich blossgestellt und merke, wie meine einzige Möglichkeit ihn zu bremsen die der Gewalt ist. Packe ihn am Fell. Genau, was ich nicht machen soll, will, wollte... Shit! Und wer ist Schuld daran? Der Hund, der dumme, blöde! Immer wieder! ... Hmmm, Moment. Wäre ich auf der normalen Seite geblieben, hätte nichts dergleichen getan und ihm ruhig zugeredet, hätte er sich beruhigen können und anschliessend sein Leckerli kassiert, auf das er immer schwanzwedelnd Anspruch erhebt, wenn er das grosse rote Ungetüm lediglich demonstrativ jammernd ohne zu bellen passieren lässt.

Jaja, der Konstruktivismus. Alles eine Frage des Blickwinkels, der eigenen Erfahrungen, der Interpretation, der Gegebenheiten und Zusammenhänge, des Moments, der Verfassung, alles relativ. Alles nichts, oder? Und doch, irgendwas hat's... immer!